Objekt:

 Skaraboid (§ 132-138) (mit leicht schräg nach innen abfallender Seitenwand), Achat, 18,5 x 13,5 x 7,5 mm.

Datierung:

 EZ IIB (800-750).

Herkunft:

 Nordsyrien.

Sammlung:

 Fribourg, Sammlungen BIBEL+ORIENT, VS 1981.60; Ex-Sammlung Schmidt, 165.

Darstellung:

 Figürliche Darstellung in horizontaler Anordnung: nach rechts schreitender Löwe mit geöffnetem Rachen und erhobenem Schwanz; vor ihm ein Rinderkopf, hinter ihm ein nur noch teilweise erhaltener aufrecht stehender Vogel (Falke?), über dem Rücken Inschrift ˒lh; Randleiste (nur am oberen Rand erkennbar); Standlinie [ergänzter Text von Keel/Staubli 2001: Nr. 79: Das Stempelsiegel hat die Form eines ovalen sogenannten Skaraboiden mit sanft gewölbtem Rücken und leicht schrägen, nicht ganz rechtwinklig zur Basis stehenden Seiten. ... Über dem Rücken des Löwen steht in nordwestsemitischen Buchstaben der Name des einstigen Siegelbesitzers:˓llh «Ala» oder «Ila». Der brüllende Löwe ist eindeutig die Hauptfigur dieses Siegelbildes: Das weit geöffnete Maul und der erhobene Schwanz geben ihm ein majestätisches Aussehen. Die Stilisierung von Mähne und Bauchhaaren unseres Löwen erinnert frappant an das berühmte, in Megiddo gefundene Siegel eines gewissen Schema˓, der unter König Jerobeam II. (786-746 v. Chr.) von Israel als Minister diente (Keel/Staubli 2001: Abb. 79a). Im Gegensatz zu jenem ist der Löwe auf unserem Siegel aber nicht in stämmiger Angriffshaltung, sondern ruhiger schreitend dargestellt].

Diskussion:

 [ergänzter Text von Keel/Staubli 2001. Nr. 79: In der späthethitisch-aramäischen und assyrischen Hofkunst des 10.-7. Jh. waren brüllende Löwen v. a. als Wächter und Beschützer beliebt. Als solche sollen sie den Thron Salomos flankiert haben (1 Könige 10,18-20); in der Metaphorik assyrischer Königsinschriften vergleicht sich der König selber gerne mit einem Löwen. Unser Skaraboid gehört zu einer Gruppe von rund 20 Siegeln mit gleichem oder sehr ähnlichem Motiv und meist aramäischen, hebräischen und wohl auch phönizischen Namensinschriften. Dazu kommt eine Reihe unbeschrifteter Stücke. Auf manchen Siegeln verfolgt der Löwe einen Capriden. Die Parallelen erlauben es auch, den Vogel auf unserem Stück als Falken zu identifizieren (vgl. Kat. 87ff); ein solcher erscheint über dem Rücken eines brüllenden Löwen z. B. auf dem aramäisch beschrifteten Siegel eines gewissen Nuri, vor dem Löwen auch auf ammonitischen Siegeln. «Der Löwe brüllt – wer fürchtet sich nicht? Gott der Herr spricht – wer wird da nicht zum Propheten?» (Amos 3,8; vgl. Hosea 5,14; 13,7). Man hat in Israel Gott zwar nicht in Gestalt eines Löwen verehrt, ihn aber mit einem Löwen verglichen. Der Satz «JHWH brüllt vom Zion her» (Amos 1,2; vgl. Jeremia 25,30; Joel 4,16) ist wohl auch vor diesem Hintergrund zu verstehen].

Parallelen:

Galling 1941: Nr. 23, 32; Sass 1993: 194-256 (bes. 221-223); Lemaire 1990: 13f: alle 15 bisher bekannten beschrifteten nordwestsemitischen Löwensiegel sind hier aufgelistet; Hestrin/Dayagi-Mendels 1979: Nr. 3: genaue Entsprechung (= Galling 1941: Nr. 17); Galling 1941: Nr. 17: genaue Entsprechung (= Hestrin/Dayagi-Mendels 1979: Nr. 3); Frankfort 1939: pl. 45j: gleicher Stierkopf auf einem syrischen Rollsiegel; Boardman/Moorey 1986: pl. 18:23: gleicher Stierkopf in Verbindung mit einem Löwen, auf einem Skaraboid des späthethitischen bzw. luwischen Raumes des 8./7. Jhs; Galling 1941: Nr. 18-22: Nr. 23 für den stehenden Vogel, Nr. 32 für den Stierkopf (zu letzterem als archaischem Element s. Keel-Leu 1991: 64 Nr. 76); Avigad/Sass 1997: no. 2, 2, 100, 391, 770, 829, 843, 851, 888, 964, 1104, 1111, 1129, 1135, 1141, 1156, 1160, 1169, 1191: Nummern 770, 1111 und 1191 echt?; Keel-Leu 1991: 64, Nr. 76: zu Galling 1941: Nr. 32 als archaischem Element.

Bibliographie:

Lemaire 1979: 67-69, pl. 2:1; Garbini 1982: 168; Keel/Uehlinger 1990: 52, Abb. 67; Lemaire 1990: 14, Nr. 8; Keel-Leu 1991: 107, Nr. 127; Avigad/Sass 1997: no. 442; Keel/Staubli 2001: 83f, Nr. 79; Keel et al. 2007: 65, Nr. 45a.

DatensatzID:

127

Permanenter Link:

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