Objekt:

 Rechteckige Platte, Typ II (§ 218, 220-224) (dreifach der Länge nach durchbohrt wie ein Halskettenelement [„spacer“]; von Herrmann 2002 wird Objekt als Amulett bezeichnet), Fayence (§ 394-395), 16,5 x 12,8 x 5,1 mm.

Datierung:

 22. Dyn.-26. Dyn. (945-525) (Datierung von Herrmann 2002: EZ IB-EZ IIC [1100-600]; aufgrund der Beschaffenheit des Materials, der Herstellungsart und des Motivs ist die Fabrikationsperiode in die EZ IB-EZ IIC anzusetzen).

Herkunft:

 Akko, Areal K, Planquadrat J14, Locus 72, Endlocus 726A (im freien Gebiet des grossen Hofes); Stratum V, ez (Vorratsgefäss, Kochtopf, Krater, phönizisches Krüglein) und perserzeitliche (frühes Mortarium, Öllampe) Keramik; 6./5. Jh. (Angaben von Herrmann 2002: Stratum V, Planquadrat J 14, Locus 72, im freien Gebiet des grossen Hofes; Reg.Nr. AK VI K1 72 2830/120; Vorratsgefäss, Kochtopf, Krater, phönizisches Krüglcein, frühes Mortarium, Öllampe, Keramik; Frühe persische Zeit (600-400) [Ausgrabungsinstitution: Harvard University, Cambridge, Massachusetts, USA; Ausgrabungsjahr: 1979].).

Sammlung:

 Haifa, University, Institute of Archaeology, Registrations-Nr. 2830/120.

Darstellung:

 Seite A: Hathorkuh mit Sonnenscheibe zwischen den Hörnern im Papyrusdickicht (die Blüten mit Stengeln sind nur über dem Rücken zu sehen), vor der Kuh eine Lotosblüte; die Kuh stellt wohl Hathor dar, wie sie aus dem Westgebirge als Verkörperung des Himmels hervortritt, um die Verstorbenen aufzunehmen; die Hathorkuh im Papyrusdickicht findet sich schon auf einem Kauroid der 18. Dyn. aus Bet-El (Keel 2010: Bet-El Nr. 4), das in einem früheisenzeitlichen Kontext gefunden wurde; das vorliegende Stück steht zwischen diesem frühen Beleg und den aus Sardinien stammenden Platten, bei denen die Papyrusstengel ganz fehlen und durch eine Lotosblüte (Acquaro 1977: Nr. 450-452, 454, 456-457 u.o.) oder eine Schalenpalmette ersetzt sind (Acquaro 1977: Nr. 486; zum Ganzen vgl. Hölbl 1986: I 147f). Seite B: Inschrift: sḫm Ḥr ḫtj ḥr Sḫmt tjw „Wahrlich (tjw), mächtig ist Horus der Horizontische für Sachmet“; „Diese seltsame, und soweit wir sehen, singuläre Aussage, scheint uns im Augenblick die einzige Deutung aller Hieroglyphen der Platte; alle sind eindeutig graviert; das erste Wort (sḫm) ist auf eine Weise geschrieben, wie sie auf Skarabäen und ähnlichem üblich ist. In der zweiten Linie ist der Name der Göttin Sachmet durch die phonetischen Komplemente ziemlich klar definiert; diesmal wird nicht das übliche Sḫmt benützt, sondern die Blüte auf dem langen Stengel, den Sachmet auf vielen Darstellungen als eine Art Symbol hält…das Wort tjw ‚ja, wahrhaftig’ ist mit dem Schluss-t geschrieben, das in Inschriften des Neuen Reiches und der Spätzeit häufig nicht gelesen wird“ (Lesung und Kommentar nach einer Vorlage von R. Giveon); eine ähnliche Platte mit einem Udschatauge in erhabenem Relief auf der einen und einer Inschrift auf der anderen („Isis eröffnet jedes schöne Jahr“) ist Griffith 1923: pl. 21,6
[Beschreibung von Herrmann 2002: Plättchen beidseitig bearbeitet. Seite 1: Schreitende, an einer Lotusblüte riechende Kuh mit langen Hörnern, zwischen denen die Sonnenscheibe angedeutet ist. Über dem Rücken deuten vier Papyrusstengel das Papyrusdickicht an. Die Kuh, das Papyrusdickicht und die Lotusblüte sind in einem rechteckigen Rahmen freigestellt.
Seite 2: Hieroglypheninschrift. Sḥm ḥr ḥtj hr Sḥmt tjw „Wahrlich (tjw), mächtig ist Horus der Horizontische für Sachmet.“ R. Giveon bemerkt in einem seiner Manuskripte zu dem Spruch: „Diese seltsame und, soweit wir sehen, singuläre Aussage, scheint uns im Augenblick die einzige Deutung aller Hieroglyphen der Platte; alle sind eindeutig graviert; das erste Wort (sḥm) ist auf eine Weise geschrieben, wie sie auf Skarabäen und ähnlichem üblich ist. In der zweiten Linie ist der Name der Göttin Sachmet durch die phonetischen Komplemente ziemlich klar definiert; diesmal wird nicht das übliche Sḥmt benützt, sondern die Blüte auf dem langen Stengel, den Sachmet auf vielen Darstellungen als eine Art Symbol hält... das Wort tjw ‚ja, wahrhaftig’ ist mit dem Schluss-t geschrieben, das in Inschriften des Neuen Reiches und der Spätzeit häufig nicht gelesen wird.“
Das Amulett ist dreimal horizontal durchbohrt und war wohl Bestandteil einer komplexen Komposition.
Bemerkungen: Obwohl der Spruch auf Seite 2 Horus und Sachmet erwähnt, ist hier in der Kuh wohl die Göttin Hathor dargestellt. Aus dem Westgebirge schreitet sie als Verkörperung des Himmels hervor, um die Verstorbenen aufzunehmen (Keel 1997b: Akko Nr. 251). Will man jedoch eine Verbindung zum Spruch auf Seite 2 herstellen, wäre die Hathorkuh in diesem Falle die Göttin Isis, die Horus im Papyrusdickicht nähert. Die Verschmelzung von Harthor und Isis als fürsorgliche Mutter des Horus ist im eisenzeitlichen Israel/Palästina durch kleine Amulett-Statuetten gut belegt (Herrmann 1994: Nr. 4245). Dass im Spruch nicht mehr das Horuskind, sondern Horus als der Horizontische auftritt, ist hier kein Widerspruch, da auch dieser der regenerativen Kräften bedarf. Vielleicht ist hier auch eine Anspielung auf den Mythos der Himmelskuh aus dem Neuen Reich gegeben, in welchen die wilde Sachmet durch Hathor, als Sonnenauge, besänftigt wird und so die Menschheit vor der Vernichtung bewahrt bleibt. Die Verbindung von Harthor und Sachmet ist seit dem Mittleren Reich belegt (Hornung/Stähelin 1976: 55). Den regenerativen Charakter der Hathorkuh im Papyrusdichicht bezeugt auch ein sehr ähnliches Amulett-Plättchen aus Aschkelon, das aus der gleichen Zeitepoche (604. v. Chr.) stammt und die Hathorkuh in Kombination mit dem Udjat-Auge zeigt (Herrmann 1994: Nr. 1109). So spielte der Entwerfer dieses Amuletts mit ganz verschiedenen religiösen Motiven seiner Zeit, kombinierete sie miteinander und kumulierte damit verschiedene Kräfte in einem Objekt. Der Amulettträger wird sich durch Hathor-Isis wohl ständige Erneuerung seiner Lebenskräfte erhofft haben, gleich wie es Horus im Papyrusdickicht geschah. Hinzu kommt der Schutz vor feindlichen Mächten durch Sachmet, deren „wütender“ Aspekt durch die Hathorkuh entkräftet wird und die „reich an Zauberkräften“ Krankheiten besiegen kann. Ob dem Besitzer des Amuletts die verschiedenen theologischen Hintergründe gegenwärtig waren und ob er den Hieroglyphenspruch überhaupt lesen konnte, muss allerdings offen bleiben. Doch auch wenn er ihn nicht lesen konnte, besass für ihn schon der Spruch selber (ohne Inhalt) magische Kräfte. Die meisten Amulettinschrift ergeben gar keinen Sinn oder sind erst gar nicht lesbar.].

Parallelen:

Herrmann 1994: Nr. 1109: Hathorkuh mit Lotusblüte; Reisner 1907: pl. 19-12447-12253: zur Kuh mit Lotusblüte aus Ägypten.

Bibliographie:

Keel 1997b: 618f, Akko Nr. 251; Herrmann 2002: Nr. 86; IDD: Bovine Nr. 11.

DatensatzID:

19628

Permanenter Link:

  https://bodo.unifr.ch/bodo/id/19628