Objekt:

 Rollsiegel, Eisenerzschlacke, 18,1 x 10,3 mm.

Datierung:

 Isin-Larsa-Zeit (2000-1850) (nachgeschnitten) bzw. Frühe Altbabylonische Zeit (um 1850).

Herkunft:

 Nordbabylonien/Mittelbabylonien/Kappadokien (?).

Sammlung:

 Fribourg, Sammlungen BIBEL+ORIENT, VR 1981.73.

Darstellung:

 Einführungsszene vor thronender Gottheit und Nebenmotiv, wie Keel-Leu/Teissier 2004: Nr. 96; der Beter ist bärtig und trägt eine Kappe, die einführende Göttin einen Faltenrock (Oberteil nicht erkennbar) mit Gürtel und breitem Saum und die einfache Hörnerkrone, die thronende Gottheit das Falbelgewand und ebenfalls die einfache Hörnerkrone sowie ein doppeltes Armband; in der vorgestreckten Rechten hält sie einen Stab mit Ring; vor ihr eine Mondsichel, unten ein Stern. Der mit einer doppelten Umrisslinie wiedergegebene Thron hat eine kurze, bogenförmig ausschwingende Lehne; dahinter folgt eine im Damensitz (?) reitende, nur mit einem Gürtel bekleidete Figur im Zylinderhut mit Krummstab in der ausgestreckten Rechten und einem länglichen, leicht geschweiften Gegenstand in der angewinkelten Linken. Das Reittier ist hochbeinig und hat einen langen Schwanz (Equide). Standlinie.

Diskussion:

 Das Faltengewand der Göttin bei der Einführung vor eine Gottheit im Falbelgewand ist unüblich; die Regel ist das Falbelgewand, vgl. Keel-Leu/Teissier 2004: Nr. 109. Collon 1986a: 30 weist darauf hin, dass der „Ring und Stab“ – als Attribut männlicher Gottheiten schon auf Ur III-zeitlichen Darstellungen im Gebrauch – auf den meisten Siegeln des British Museum die Form eines Keils mit D-förmiger Schlaufe hat, s. die oben angefügte Parallele Nr. 105; das Gleiche gilt für unser Stück. Ring und Stab können in der Hand unterschiedlicher Gottheiten (Ištar, Šamaš) sein; sie weisen auf ihren hohen Rang hin, tragen aber zur Identifizierung nichts bei, s. Braun-Holzinger 1996: 243. Der Reiter ist völlig in den Leerraum eingepfercht; es gibt keine Parallele mit einer Figur im Zylinder in einer Einführungsszene — sie ist offensichtlich später eingefügt worden. Auch findet man sie niemals reitend; das schwer zu definierende Reittier (Onager?) sowie die Reitposition finden auf kappadokischen Siegeln eine genaue Entsprechung. Ist das Siegel im Norden oder von einem (ursprünglichen) Bewohner des Nordens in Babylonien nachgeschnitten worden? Zum syrischen Ursprung der zylindrischen Kopfbedeckung und somit der westlichen Herkunft seines Trägers und zur Identifizierung des Gottes mit Zylinderhut und Krummstab mit dem babylonischen Wüstengott Amurru sowie dessen Ikonographie und Verbindung zur Gazelle, auf der er mit einem oder beiden Füssen stehen kann, s. Kupper 1961, ferner Collon 1986a: 28 A. 13; Braun-Holzinger 1996: 287-292.

Parallelen:

al-Gailani Werr 1988: Taf. 16:6; Frankfort 1955: Nr. 712: Adorations- bzw. Audienzszene - Asmar; Blocher 1992: Nr. 38: Adorations- bzw. Audienzszene - Larsa, ab Sumu˒el Jahr 12 (ca. 1883); Delaporte 1923: Taf. 94:15, 96:1: gleiches Reittier auf syro-kappadokischen Siegel, die Reiter sind nur mit einem Gürtel bekleidet und tragen einen winkelförmigen Gegenstand in der Hand, die Reitposition auf ersterem ist normal, auf dem zweiten Siegel gleich wie auf unserem Stück, es sind jedoch zwei Füsse sichtbar; von der Osten 1934: Nr. 130: menschliche Figur mit Krummstab im Kontext der Einführungsszene; Collon 1986a: Nr. 105: nachgeschnittener Opfertierträger mit Zylinderhut auf einem altbabylonischen Siegel mit ebenfalls nachgeschnittenem Thronendem mit Stab und Ring; Amiet 1972: Nr. 1647, 1705, 1831: Stern im unteren Bildfeld - Susa; al-Gailani Werr 1988: Taf. 15:5: Stern im unteren Bildfeld - Tall aḍ-D˚ibā˓ī; al-Gailani Werr 1988: Taf. 4: thronende Gottheit mit Stab und Ring, Adorations- bzw. Audienzszene - Nr. 2 datiert in diie Zeit Sîn-abūšhus (ca. 1894-45, al-Gailani Werr 1988: 4); al-Gailani Werr 1988: 4: zur Datierung; Blocher 1994: 93, 114: Zuweisung fraglich, Datierung Zeit Sîn-abūšhus zw. 1850-1825.

Bibliographie:

Keel-Leu 1984: 38f, fig. 6 (Zeichnung); Keel/Uehlinger 1996: 38, Abb. 34; Keel-Leu/Teissier 2004: 98f, Nr. 110.

DatensatzID:

316

Permanenter Link:

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