Objekt:

 Wandmalerei, 4,2 x 3 m.

Datierung:

 Übergang keramisches Neolithikum (6600-6500).

Herkunft:

 Çatal Hüyük, Früheste Bemalung der Nord- und Ostwand des Geierschreins VII.8.

Sammlung:

 Ankara, Museum of Anatolian Civilizations, 7951165, 7950965, 7951065, 7950565, 7950165.

Darstellung:

 Im sog. Geierschrein von Çatal Hüyük wurden fast lebensgroße dunkelrote Geier dargestellt, die mit riesigen Schwingen auf kopflose Leichen zufliegen. Betont sind neben den Schwingen die Köpfe der Vögel. Die Rekonstruktion zeigt eine weitere Szene, in der Geier aus allen vier Himmelsrichtungen herbeifliegen. Zwar wurde der Schädel von Toten in Çatal Hüyük zu dieser Zeit nicht mehr separat bestattet (Wunn 2001: 35f), doch signalisiert das Fehlen des Kopfes, dass es sich um Tote handelt. Im Vorläuferschrein des Geierschreins (Schrein VIII) lockt oder vertreibt eine menschliche Gestalt neben einem Toten zwei Geier. In Raum VII.21 waren Geier dargestellt, die statt der Vogelkrallen Menschenfüße hatten. Im selben Raum fanden sich an verschiedenen Plätzen insgesamt vier menschliche Schädel deponiert. Der Geier dürfte einen festen Platz im Ahnenkult der Siedlung gehabt haben. Vielleicht sah man in ihm nicht nur ein Tier, sondern eine numinose Macht am Werk, die nicht unbedingt nur Schrecken verkörpert haben muss. In Ägypten finden sich Geierdarstellungen ab der FB-Zeit (Schroer/Keel 2005: Nr. 144), in Palästina/Israel ab der MB-Zeit in der Nähe von Göttinnen.

Parallelen:

Mellaart 1967: 166, pl. 46; Hauptmann 1999: II 47, fig. 14:A-B: aus Nevali Çori [Südosten der Türkei] eine Kompositfigur mit einem fragmentarischen Geier; Türkiye 1993: 44, A14: Kalksteinfigur mit menschlichem Gesicht und Händen, aber Vogelkopf und Flügeln; Hauptmann 1993a: fig. 21: Kalksteinfigur mit menschlichem Gesicht und Händen, aber Vogelkopf und Flügeln; Hauptmann 1999: II 45, fig. 12:A-B: Kalksteinfigur mit menschlichem Gesicht und Händen, aber Vogelkopf und Flügeln; Cauvin 1994: 229, fig. 57:1-2: vgl. die Geierköpfe aus Nemrik im Irak; Yakar 1994: 18, fig. 181: weiteres Kalksteinfragment.

Bibliographie:

Mellaart 1967: 169, fig. 47, pls. 45, 48-49; Nunn 1988: 38, pl. 6; Yakar 1991: 326, fig. 159; Bingöl 1997: 16, Abb. 8; Klotz 1997: 24, Abb. 9, pls. 23-27 (neue Rekonstruktionen des Geierschreins mittels Computeranimation); Schroer/Keel 2005: 74f, Nr. 16.

DatensatzID:

33431

Permanenter Link:

  https://bodo.unifr.ch/bodo/id/33431