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Objekt: Plakette, Elfenbein, 78 x 97 x 11 mm.
Datierung: EZ IIB (9.-8. Jh.).
Herkunft: Nordsyrien (Arslan Tasch).
Sammlung: Fribourg, Sammlungen BIBEL+ORIENT, VRep 2004.9.
Darstellung: Eine auf beiden Seiten und oben dreifach gestufte Nische rahmt ein hochgestelltes rechteckiges Fenster ein, dessen untere Hälfte von einer Balustrade aus vier kleinen Palmettsäulen, die einen Querbalken tragen, eingenommen wird. Die obere Hälfte füllt ein Frauengesicht. Die Haare, die das Gesicht gleichmäßig umrahmen, lassen die unverhältnismäßig großen Ohren frei. Auf dem Kopf sitzt ein Täfelchen, das von Punktreihen umrahmt ist und im Zentrum ein X zeigt.
Diskussion: Das X erinnert an das Zeichen auf der Stirn des Hohenpriesters mit der Inschrift qodesch leJHWH «Heilig für JHWH» (Exodus 28,36). Vielleicht soll die Figur dadurch als qedescha, als «Geweihte, Heilige» charakterisiert werden (Genesis 38,21f; Deuteronomium 23,18; Hosea 4,14). Vielleicht steht sie in der Tradition der «Heiligen» von Keel/Schroer 2004: Nr. 108. In Hohelied 2,14 wird die im Haus verborgene Geliebte aufgefordert, sich (am Fenster?) zu zeigen. Berühmt ist der Auftritt Isebels am Fenster in 2 Könige 9,30. C. Suter weist nach, dass die «Frauen am Fenster» generell keine Göttin, sondern Frauen der königlichen Familie darstellen (1992). Das X auf der Stirn könnte die damit Bezeichneten als Priesterinnen ausweisen. Meine Taube in den Felsklüften, im Versteck der Klippe, lass mich deine Erscheinung sehen, lass mich deine Stimme hören, denn deine Stimme ist betörend und deine Erscheinung hinreißend. Hoheslied 2,14. Als Jehu nach Jesreel kam und Isebel dies erfuhr, legte sie Schminke auf ihre Augen, schmückte ihr Haupt und schaute durch das Fenster hinab. Während dann Jehu an das Tor trat, rief sie ihm zu: Geht es ... dem Mörder seines Herrn gut? Jehu schaute zum Fenster empor und fragte: Ist jemand da, der zu mir hält? Zwei oder drei Hofleute sahen zu ihm herab, und er befahl ihnen: Werft sie herunter! Sie warfen sie herunter und Isebels Blut bespritzte die Mauer und die Pferde, die sie zertraten. 2 Könige 9,30-33.
Keel/Schroer 2004: Keel O./Schroer S., 2004, ²2006, ³2010, Eva - Mutter alles Lebendigen. Frauen- und Göttinnenidole aus dem Alten Orient, Freiburg Schweiz.
Parallelen: Fauth 1967; Thimme 1973: 23f, Abb. 12-16; Winter 1983: 296-301, Abb. 307-314; Keel/Uehlinger 1992: 225-227, Abb. 215: Belege aus Samaria.
Fauth 1967: Fauth W., 1967, Aphrodite Parakyptusa. Untersuchungen zum Erscheinungsbild der vorderasiatischen Dea Prospiciens (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz. Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse. Jahrgang 1966. Nr. 6), Mainz.
Keel/Uehlinger 1992: Keel O./Uehlinger Ch., 1992, ²1993, ³1995, ⁴1998, ⁵2001 (erweiterte Auflage), 62010 (Reproduktion der 5. Auflage), Göttinnen, Götter und Gottessymbole. Neue Erkenntnisse zur Religionsgeschichte Kanaans und Israels aufgrund bislang unerschlossener ikonographischer Quellen (QD 134), Freiburg i.Br.
Thimme 1973: Thimme J., 1973, Phönizische Elfenbeine. Möbelverzierungen des 9. Jahrhunderts v. Chr. Eine Auswahl aus den Beständen des Badischen Landesmuseums, Karlsruhe.
Winter 1983: Winter U., 1983, ²1987, Frau und Göttin. Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt (OBO 53), Freiburg Schweiz/Göttingen.
Bibliographie: Keel 1981: 202, Abb. 16-17; Keel/Schroer 2004: 180f, Nr. 157.
Keel 1981: Keel O., 1981, Zeichen der Verbundenheit. Zur Vorgeschichte und Bedeutung der Forderungen von Deuteronomium 6,8f. und Par., in: P. Casetti/O. Keel/A. Schenker, éds., Mélanges Dominique Barthélemy. Etudes bibliques offertes à l’occasion de son 60e anniversaire (OBO 38), Fribourg/Göttingen, 159-240.
Keel/Schroer 2004: Keel O./Schroer S., 2004, ²2006, ³2010, Eva - Mutter alles Lebendigen. Frauen- und Göttinnenidole aus dem Alten Orient, Freiburg Schweiz.
DatensatzID: 851
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