Objekt:

 Figurine, Bronze, 28 x 10 cm.

Datierung:

 26. Dyn. (664-525).

Herkunft:

 Ägypten.

Sammlung:

 Fribourg, Sammlungen BIBEL+ORIENT, ÄFig 1996.1.

Darstellung:

 Es handelt sich hier um eine schöne, bis auf die fehlenden Füsse intakte Statue eines stehenden Osiris. Beide Arme sind seitlich angewinkelt. Die nebeneinander über dem Bauch zur Faust geballten Hände umfassen den Krummstab und die Geissel [ergänzter Text von Keel 2008: 67: Fliegenwedel (Geissel) und den Hirtenstab, das Heqa-Zepter]. Einzig die Hände greifen aus dem körperumhüllenden Gewand heraus, das die Gestalt des Gottes mit seinen langen und schlanken Gliedern deutlich zu erkennen gibt. Die Gesichtszüge sind geprägt von einer detailliert ausgearbeiteten Augenpartie; die nun leeren Augenhöhlen sowie die Augenbrauen waren ursprünglich eingelegt. Dieselbe Ziertechnik findet sich für das Band, mit dem der geflochtene, an seiner Spitze eingerollte Götterbart [ergänzter Text von Keel 2008: 67: Zeremonialbart] am Kinn fixiert wurde. Auf dem Haupt ruht die Atefkrone aus waagrechten, gedrehten Widderhörnern und zu jeder Seite der oberägyptischen Krone eine Straussenfeder, die ihrerseits auf den gedrehten Widderhörnern ruhen. Der Leib des über der Stirn des Osiris aufgerichteten Uräus ringelt sich am konischen Kronenkörper empor.

Diskussion:

 Eine in Imponierstellung aufgerichtete Speikobra (vgl. Einleitung zu Keel/Staubli 2001: Kap. IV) findet sich auf der Stirn unzähliger Götter- und Königsfiguren (vgl. z. B. Keel/Staubli 2001: Kat 11, Keel/Staubli 2001: 76, Keel/Staubli 2001: 77, Keel/Staubli 2001: 93, Keel/Staubli 2001: 94). Sie signalisiert die Heiligkeit und Unverletzlichkeit ihrer Träger und Trägerinnen. Osiris steht dieses Signal in doppelter Weise zu, als Gott und als König. Der Mythos von Osiris, Isis (vgl. Keel/Staubli 2001: Kat. 11) und Horus (vgl. Keel/Staubli 2001: Kat. 92), welche die göttliche Familie par excellence darstellen, überliefert folgendes: Osiris wird von seinem Bruder Seth, der ihm die Königswürde missgönnt, hinterhältig getötet und der Leichnam zerstückelt. Die trauernde Isis sucht die über das ganze Land verstreuten Körperteile und fügt sie zusammen. Es gelingt Isis, Osiris mit ihren Zauberkräften (vgl. Keel/Staubli 2001: Kat. 91) wiederzubeleben und von ihm einen Sohn – Harpokrates («Horus, das Kind») – zu empfangen. Um den Knaben vor den niederträchtigen Verfolgungen des Seth zu schützen, versteckt sie ihn in den Sümpfen des Deltas, wo sie ihn alleine grosszieht. Der erwachsene Horus rächt seinen Vater (vgl. Keel/Staubli 2001: Kat. 93) im Kampf gegen Seth. Der Triumph des Sohnes ermöglicht Osiris, Herrscher des Jenseits zu werden, und Horus übernimmt die weltliche Regentschaft. Es existieren nur sehr wenige Sammlungen altägyptischer Denkmäler, in deren Beständen der Gott Osiris nicht vertreten wäre. Dies, weil Osiris zu den wichtigsten Gottheiten des ägyptischen Pantheons zählte und seit dem Neuen Reich Osirisfiguren zum festen Bestandteil der Grabausstattung gehörten. In der Dritten Zwischenzeit und besonders der Spätzeit wurden viele dieser Statuetten aus Bronze gefertigt. Sie sind Ausdruck der Hoffnung des Verstorbenen auf eine Wiedergeburt, in Analogie zum Schicksal des Osiris (vgl. Keel/Staubli 2001: Kat. 57). Neben seiner Stellung als Herrscher des Jenseits hatte Osiris stets auch die Funktion eines Fruchtbarkeits- und Vegetationsgottes (vgl. Keel/Staubli 2001: Kat. 76) inne. Madeleine Page Gasser.

Parallelen:

Page Gasser 2001: Nr. 11: Literaturangaben.

Bibliographie:

de Ricqlès 1996: 45, Nr. 278; Keel/Staubli 2001: 66f, Nr. 55; Page Gasser 2001: 55-57, Nr. 11; Keel et al. 2007: 26, Nr. 9a; Keel 2008: 67, Nr. 73.

DatensatzID:

9796

Permanenter Link:

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