Objekt:

 Palette (Grauwacke) (Grauwacke), Schiefer, 64 x 42 cm.

Datierung:

 Prädynastisch (3060-3000) (Narmer).

Herkunft:

 Kom el-Ahmar, aus einem der kleinen Depots im Tempelbezirk des Neuen Reiches (Hierakonpolis).

Sammlung:

 Kairo, Ägyptisches Museum, JE 32169.

Darstellung:

 Schieferpaletten, die bis nach Palästina/Israel gekommen sind (Schroer/Keel 2005: Nr. 127), wurden zum Zubereiten von Schminke gebraucht, manche Exemplare offenbar im Kult (zum rituellen Schminken der Götterbilder?). Sie erhielten jedoch eine zusätzliche religiöse und kultische Bedeutung, die nicht mehr an die ursprüngliche Funktion gebunden war (LÄ 4,654f). Die sog. Narmer-Palette (zur Deutung ausführlicher Goldwasser 1992; Gundlach 1998: 73-86) ragt schon durch ihre Größe unter den Schminkpaletten hervor. Sie wurde zur Erinnerung an einen Sieg des Königs Narmer angefertigt. Während man früher annahm, dass es dabei um die Reichseinigung Ober- und Unterägyptens ging, wird das auf der Narmer-Palette gefeierte Ereignis heute als Niederschlagung eines unterägyptischen Aufstands, somit als Stabilisierung der bereits errungenen Herrschaft über ganz Ägypten interpretiert. Auch Kampagnen gegen Palästina/Israel werden als möglicher historischer Hintergrund erwogen (Wilkinson 1999: 67-70, 155-157). Die bildlichen Darstellungen auf der Palette sind frühe Zeugnisse von später traditionellen Themen ägyptischer Kunst. Wahrscheinlich sind einige von der Bildkunst der Uruk-Zeit inspiriert. Sie zeigen teilweise bereits eine Weiterentwicklung von Motiven an, die im bemalten Grab von Hierakonpolis erstmals auftreten (Schroer/Keel 2005: Nr. 130). Der Versuch von Fairservis 1991, sämtliche Symbole und Figuren als Elemente eines zusammenhängenden Textes zu lesen, vermag nicht zu überzeugen. Die Bildfelder der Palette sind von unten nach oben zu lesen, ihre Anordnung ist Teil der Botschaft: Unten sind Embleme des Kampfes dargestellt, im Zentrum der triumphierende Herrscher, dessen Herrschaft (bildtechnisch wörtlich) auf dem Sieg über die Feinde basiert, und oben die göttlichen Mächte. Auf der einen Seite der Palette sind unten zwei erschlagene Feinde zu sehen. Ob ihre Herkunft durch die beiden Hieroglyphen angegeben ist, bleibt ungeklärt (Amiran 1968: 127). In der Mitte der Palette ist der König in heroischer Größe mit der Weißen Krone Oberägyptens und im Zeremonialgewand mit Stierquaste (vgl. die Verbindung mit dem Stier bei Schroer/Keel 2005: Nr. 122) und vier Bat-Hathor-Quasten dargestellt, wie er mit erhobener Keule einen knienden Feind, möglicherweise den unterägyptischen König Wasch, erschlägt. Die Inschrift über der Szene besagt: «Horus bringt das gefangene Unterägypten.» Hinter Narmer geht, viel kleiner dargestellt, der Sandalenträger (wenig überzeugend als «Schminker» des Königs gedeutet von Winter 1994). Der König ist barfuß, er geht also auf heiligem Boden. Vor ihm erhebt sich der Horusfalke, der Himmels- und Dynastiegott. Er hält mit menschlicher Hand einen Strick, der zur Nase eines Kopfes führt, welcher aus dem Zeichen für das Sumpf- bzw. Nordland (Delta) herauswächst und dieses personifiziert. Horus ist es, der den Sieg über dieses Gebiet gebracht hat. Ihm werden daher die Gefangenen geopfert. Der obere Teil der Palette ist beidseitig mit zwei kuhgestaltigen Göttinnenköpfen geschmückt (später Bat oder Hathor). Da sie ganz oben an der Palette angebracht sind, dürfte es sich um Himmelsgöttinnen handeln. Sie flankieren den Namen des Königs, geschrieben mit dem Wels für nar und dem Meißel für mer, im Serech-Zeichen, der Fassade des königlichen Palastes. Auf der anderen Seite wirft der König als Stier einen Feind, einen bärtigen Libyer (?), zu Boden (Schroer/Keel 2005: Nr. 122) und zerstört eine Festung (vgl. Schroer/Keel 2005: Nr. 132). In der Mitte halten zwei Männer, die als Nicht-Ägypter gekennzeichnet sind, zwei ineinander verschlungene Schlangenhalspanther an Stricken. Die ganze Szene scheint eine Frühform der später häufig dargestellten Vereinigung, des Zusammenbindens der beiden Länder darzustellen, wobei die Schlangenhalspanther die östliche und westliche Weltgegend (Ägyptens) symbolisieren. Verschlungene Schlangen sind ein Motiv mesopotamischer Herkunft (Schroer/Keel 2005: Nr. 229). Im oberen Bildfeld ist eine Prozession des siegreichen Narmer, gekrönt mit der Roten Krone Unterägyptens, zu sehen. Der Sandalenträger, ein Schreiber (?) und vier Standartenträger begleiten den König zum Horus in seiner Himmelsbarke (Schroer/Keel 2005: Nr. 117), vor dem in zwei Reihen die enthaupteten Feinde liegen. Die abgeschlagenen Häupter tragen mit einer Ausnahme Tierhauben mit Hörnern. Das für die Narmer-Palette bestimmende Thema «Pharao erschlägt Feind» bleibt in der ägyptischen Ikonographie ein zentrales Motiv, das den Sieg der Ordnungsmächte über das Chaos immer neu beschwört (dazu Swan Hall 1986) .

Parallelen:

Cialowicz 1987: 39, fig. 4, pl. 8: ähnliche Elemente wie auf der Narmer-Palette, u.a. Standartenträger, Sandalenträger, ein besiegter Feind, treten auf dem Keulenkopf desselben Königs auf; Emery ²1963: 44ff, fig. 5: ähnliche Elemente wie auf der Narmer-Palette, u.a. Standartenträger, Sandalenträger, ein besiegter Feind, treten auf dem Keulenkopf desselben Königs auf; Quibell 1900: pl. 26: ähnliche Elemente wie auf der Narmer-Palette, u.a. Standartenträger, Sandalenträger, ein besiegter Feind, treten auf dem Keulenkopf desselben Königs auf; Smith 1946: 320, fig. 191: das Kuhgesicht der Bat/Hathor ist um 3000 v. Chr. auf einer weiteren Schieferpalette aus Gerza und einer Steinvase aus Hierakonpolis von Sternen umgeben, was den Astralcharakter der Göttin hervorhebt. Gern wird das Symbol als Amulett oder Pektorale oder als Gürtelschmuck getragen; Schroer 1989: 153-160 (mit Abb. 0116-0132): das Kuhgesicht der Bat/Hathor ist um 3000 v. Chr. auf einer weiteren Schieferpalette aus Gerza und einer Steinvase aus Hierakonpolis von Sternen umgeben, was den Astralcharakter der Göttin hervorhebt. Gern wird das Symbol als Amulett oder Pektorale oder als Gürtelschmuck getragen; Petrie 1901: pls. 3:2, 11:1: ein prädynastisches Holztäfelchen aus Abydos zeigt einen gefesselten Gefangenen neben dem Falken auf dem Serech-Zeichen; Vandier 1952: I,1 834, fig. 558: ein prädynastisches Holztäfelchen aus Abydos zeigt einen gefesselten Gefangenen neben dem Falken auf dem Serech-Zeichen; Brentjes 1983: 99: Elfenbeinzylinder derselben Zeit aus Hierakonpolis stellen die Niederwerfung des Feindes durch den König als fortlaufendes Band dar; Swan Hall 1986: fig. 6: Elfenbeinzylinder derselben Zeit aus Hierakonpolis stellen die Niederwerfung des Feindes durch den König als fortlaufendes Band dar; Quibell 1900: pl. 15:1.2: Elfenbeinzylinder derselben Zeit aus Hierakonpolis stellen die Niederwerfung des Feindes durch den König als fortlaufendes Band dar; Moortgat 1967: pl. A1: Panther-Fabelwesen mit Schlangenhals zeigen auch frühsumerische Rollsiegel um 3000 v. Chr.; Frankfort 1969: 36, fig. 28: Panther-Fabelwesen mit Schlangenhals zeigen auch frühsumerische Rollsiegel um 3000 v. Chr.; Orthmann 1975: 223, fig. 39b, pl. 125b: Panther-Fabelwesen mit Schlangenhals zeigen auch frühsumerische Rollsiegel um 3000 v. Chr.; Wolf 1957: 63, Abb. 36: Ritzdarstellungen von gefallenen Feinden sind auf der Basis der Statue des Chasechem aus der 2. Dyn. zu finden.

Bibliographie:

Quibell 1898: pls. 12-13; Quibell 1900: pl. 29; Porter/Moss/Málek 1937: 193f; Vandier 1952: I,1 595-599; Pritchard 1954: no. 296; Gardiner 1957: 7; Smith 1965a: pl. 7; Lange/Hirmer 1967: pls. 4-5; Amiran 1968: 127 (zu Yadins Vermutung die berechtigte Kritik); Michalowski 1969: no. 57 (nur Vorderseite); Keel 1984a: Nr. 397; Saleh/Sourouzian 1986: no. 8; Keel 1996c: Abb. 397 (nur Vorderseite); Schroer/Keel 2005: 236-239, Nr. 134; Gressmann ²1927: Nr. 27.

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