Objekt:

 Rollsiegel, Halbopal, 45 x 17,6 mm.

Datierung:

 Neuassyrische Zeit (Ende 9. Jh.).

Herkunft:

 Assyrien.

Sammlung:

 Fribourg, Sammlungen BIBEL+ORIENT, VR 1981.112.

Darstellung:

 Ritualszene am Sakralbaum [ergänzter Text von Keel/Schroer 2004: Nr. 150: ...stilisierte Palme]: Zwei spiegelbildlich dargestellte, bartlose Figuren im Schalgewand halten beidseitig eines stilisierten „Heiligen Baumes“ mit der Linken die Bänder einer darüber schwebenden Flügelsonne, während die Rechte im Gebetsgestus erhoben ist. Im Ring der Flügelsonne ist die Büste eines nach links blickenden Gottes dargestellt [ergänzter Text von Keel/Schroer 2004: Nr. 150: Die geflügelte Scheibe darüber mit der nach links gerichteten menschlichen Büste stellt den Himmel- bzw. den Sonnengott dar (Mayer-Opificius 1984: 201)]; links davon der Sichelmond, rechts das Siebengestirn und ein achtstrahliger Stern über einer dritten, zur Hauptszene gewendeten Figur auf Podest, einer bartlosen, mit gekreuzten Pfeilbogen bewaffneten Gottheit. Die Rechte erhoben und einen Ring in der Linken trägt sie eine Hörnerkrone und einen langen Falbelschlitzrock über kurzem Schurz. Zwischen den Beinen ist die gefranste Innenseite des langen Gewandes sichtbar, über das Vorderbein verläuft dessen Ende bzw. eine parallele Linie. Im unteren Feld vor der Gottheit eine Raute mit Mittelstreifen über T-förmigem Element, gleiches Element im Rücken der Gottheit. Inschrift als Szenentrenner; Standlinie.

Diskussion:

 Vgl. Keel-Leu/Teissier 2004: Nr. 217, 218. Der Baum steht hier auf einem halbkreisförmigen Sockel, womit ein Hügel/Berg gemeint ist. [ergänzter Text von Keel/Schroer 2004: Nr. 150: Der Baum steht hier auf einem Hügel bzw. dem Erdberg und wird so als Weltenbaum charakterisiert (vgl. Ezechiel 31; Daniel 4)] Der palmettbekrönte Stamm und die kunstvolle Stilisierung rückt ihn in die Nähe der Reliefdarstellungen aus der Zeit Assurnaṣirpals II. (884-858), vgl. Barnett/Lorenzini 1975: Taf. 13. In der Grosskunst ist die Verbindung des Sonnengottes mit dem Sakralbaum bis Salmanassar III. (858-24) belegt: Mayer-Opificius 1984: 201. Die T-förmigen Füllmotive sind ohne Parallele und schwer zu deuten. Über der Gottheit schwebt wohl nicht zufällig der achtstrahlige Stern, Symbol der Göttin Ištar. Winter 2000: 66 Anm. 15 gibt einen Überblick über die Vorkommnisse des Bildthemas bis zum Ende des neuassyrischen Reiches. [Ergänzter Text von Keel/Schroer 2004: Nr. 150: Die Inschrift nennt den Namen des Siegelbesitzers, Minu-epusch-ana-ili und bezeichnet ihn als «Großen», d. h. Beamten, des (königlichen) Getreidemagazins. Keel/Schroer 2004: Nr. 150 zeigt den Zusammenhang zwischen Ischtar und der Getreideproduktion. Keel/Schroer 2004: Nr. 150 und 151 machen deutlich, dass die assyrische Ischtar im 9. Jh. v. Chr. u. a. auch mit der Fruchtbarkeit der Felder verbunden wurde und ihr astraler Aspekt noch nicht so stark im Vordergrund stand wie im 7. Jh. (vgl. Keel/Schroer 2004: Nr. 177-182
Keel/Schroer 2004:
Nr. 177
Nr. 178
Nr. 179
Nr. 180
Nr. 181
Nr. 182
)].

Parallelen:

Watanabe 1999: 316, fig. 2: = Collon 2001: Nr. 151; Watanabe 1993a: 111, Nr. 3.1: = Collon 2001: Nr. 151; Watanabe 1993a: 114, Nr. 6.1: = Delaporte 1910: Nr. 354; Delaporte 1910: Nr. 354: = Watanabe 1993a: 114:6.1, genau gleich dargestellte Beterfigur und bartlose Gottheit, inschriftlich als Eunuchensiegel nachgewiesen - datiert 803 und 775a; Collon 2001b: Nr. 151: = Watanabe 1993a: 111:3.1 Zeit Assurnaṣirpals II. (884-858) oder Salmanassars III. (858-824) = Watanabe 1999: 316 Fig. 2 Zeit Assurnaṣirpals II, Thema - durch Inschrift in das dritte Viertel des 9. Jh. datiert.

Bibliographie:

Paley 1986: 214f, Taf. 49:III.9; Collon 1987: no. 345; Watanabe 1992: 368 (erwähnt); Wittmann 1992: 223, Taf. 49d; Watanabe 1993: 299, 304f, Nr. 10, Taf. 117:10; Watanabe 1993a: 118, Taf. 4:7.2; Keel/Uehlinger 1996: 43, Taf. 2; Parpola 1997: 27, fig. 9; Winter 2000: 66; Baker 2001: 754; Keel-Leu/Teissier 2004: 208f, Nr. 228; Keel/Schroer 2004: 170f, Nr. 151; Wiese 2011: 120, Nr. 38.

DatensatzID:

518

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