Objekt:

 Säulenfigurine, Ton, 16,4 x 7 x 4 cm.

Datierung:

 EZ IIB-EZ IIC (750-620).

Herkunft:

 Judäa.

Sammlung:

 Fribourg, Sammlungen BIBEL+ORIENT, VFig 1998.4.

Darstellung:

 Sehr ähnlich wie die Figur von Keel/Schroer 2004: Nr. 161, nur dass bei Keel/Schroer 2004: Nr. 161 die Plastik, bei Keel/Schroer 2004: Nr. 162 die Bemalung besser erhalten sind. Zusätzlich zu Resten des weißen bis zum Kopf reichenden Überzugs und der braunroten Farbe des Gesichts sind auch noch Spuren der schwarz nachgezogenen Augen und Pupillen. Am Hals sind drei gelbe Streifen zu sehen, die wohl Goldschmuck andeuten sollen. Die Gesichter von Keel/Schroer 2004: Nr. 161, 162 sind so ähnlich, dass man sich fragen kann, ob sie mit der gleichen Form hergestellt worden sind. Bei Keel/Schroer 2004: Nr. 162 sind allerdings über der Stirn nur drei und nicht vier Reihen von kleinen Locken zu sehen. Das Gesicht, besonders die Wangen, sind bei Keel/Schroer 2004: Nr. 162 etwas breiter als bei Keel/Schroer 2004: Nr. 161. Aber es stellt sich die Frage, ob solche Unterschiede nicht durch verschieden gearteten Druck erklärt werden können, dem das Ton-Gesicht ausgesetzt ist, wenn es der Form entnommen wird.

Diskussion:

 Säulenfigurinen vom Typ A und B sind ganz typisch für das Königreich Juda von der Mitte des 8. Jh. v. Chr. bis gegen Ende des 7. Jh. Ganze Exemplare (Keel/Schroer 2004: Nr. 158, 161-163
Keel/Schroer 2004:
Nr. 161
Nr. 162
Nr. 163
) und viel häufiger Fragmente von Figuren dieses Typs, besonders Köpfe (Keel/Schroer 2004: Nr. 159, 164-168
Keel/Schroer 2004:
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Nr. 165
Nr. 166
Nr. 167
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) oder Torsos (Keel/Schroer 2004: Nr. 169), sind in fast allen judäischen Städten, die im 8.-7. Jh. v. Chr. bewohnt waren, gefunden worden, besonders in Jerusalem, Arad, Beerscheba, Tell Bet Mirsim, Bet Schemesch, Gibeon, Lachisch, Tell en-Nasbeh, insgesamt mehrere Hundert. Außerhalb von Juda sind sie nur vereinzelt aufgetaucht (Kletter 1996: 29f.86.88.96-98 Figs. 16-19.177-236 passim). Raz Kletter hat in seinem Katalog 854 Stück bekannter Herkunft (Kletter 1996: 177-231), über 400 allein aus Jerusalem, und 98 unbekannter Herkunft (Kletter 1996: 232-236) aufgelistet. Die zweite Kategorie dürfte leicht um ein Vielfaches zu vermehren sein. Am häufigsten waren sie am Ende des 8. Jh. v. Chr. (Kletter 1996: 41). Pfeilerfigurinen wurden vor allem in Privathäusern und nur in zweiter Linie in Gräbern gefunden. In der Regel besaß ein Haushalt nur eine Figurine. Wodurch diese Blüte einer anthropomorphen Göttin in Juda am Ende des 8. Jh. hervorgerufen wurde, bleibt unklar (Keel/Uehlinger 2001: 376-378). Vielleicht handelt es sich um Miniaturkopien eines im 8. Jh. im Tempel von Jerusalem aufgestellten Kultbilds. Die Bedeutung der Figuren ist primär von ihrer «Syntax» her abzuleiten. Diese betont sowohl bei Typ A wie bei B die Brüste, beim Typ B zusätzlich ihr freundliches Gesicht. «Brüste, volle Brüste» verbindet das Alte Testament primär mit Segen, «Segen der Brüste» (Genesis 49,25). Leere Brüste sind ein Fluch (Hosea 9,14). Volle Brüste waren für das Gedeihen des Nachwuchses entscheidend (Ijob 3,12; Psalm 22,10; Hoheslied 8,1). Noch im Neuen Testament werden die Brüste (Marias) gepriesen, die Jesus genährt haben (Lukas 11,27). Fast noch häufiger als in diesem Zusammenhang werden sie in den biblischen Schriften aber in erotischen Kontexten erwähnt, so im Hohenlied, wo sie stolz getragen das Selbstbewusstsein der Frau zum Ausdruck bringen (Lukas 8,10) und – mit den schweren Früchtetrauben der Dattelpalme, des Lebensbaumes, oder mit agilen Gazellenkitzen verglichen – das Verlangen des Mannes wecken (Lukas 4,5; Lukas 7,4.8f; vgl. Keel 1992: 138-143, 221-230). Sprüche 5,18-20 ermahnen den Mann, der Frau seiner Jugend treu zu bleiben. «Ihre Brüste quellen dir jederzeit über, an ihrer Liebe kannst du dich jederzeit betrinken. Warum willst du dich an einer Fremden berauschen?» Die Figuren dürften – vielleicht als Hochzeitsgeschenk – diesen so wichtigen Segen im Haus vergegenwärtigt haben (Keel/Schroer 2004: Nr. 231). Ein auffälliger Zug ist, dass die in Pressformen hergestellten Gesichter kaum je aus der gleichen Form stammen. Es gibt eine unglaubliche Vielfalt von Gesichtern (vgl. Keel/Schroer 2004: Nr. 164-168
Keel/Schroer 2004:
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). Dieses überraschende Phänomen scheint mir einer Erklärung zu bedürfen, die bis heute nicht gegeben wurde. Sind die Figuren mit einem in der Bibel bekannten Namen in Zusammenhang zu bringen? So häufig wie in der Archäologie des 8. und 7. Jh. die Pfeilerfiguren, so häufig taucht in der zeitgenössischen Literatur der Name Aschera auf. Diese dürfte in der Regel zwar eher in Gestalt eines natürlichen oder künstlichen Baumes verehrt worden sein (Keel/Schroer 2004: Nr. 142-144
Keel/Schroer 2004:
Nr. 142
Nr. 143
Nr. 144
), doch finden sich auch Hinweise auf eine anthropomorphe Aschera (Keel/Uehlinger 2001: 381-385). Nach 2 Könige 21,7 soll der nach dem 2. Königsbuch für alle Sünden zuständige Manasse eine solche im Tempel aufgestellt haben. Die lange vor diesem König weit verbreiteten Säulenfiguren legen nahe, dass Aschera schon lange vorher einen Platz im Tempel von Jerusalem hatte. Historisch zutreffend dürfte sein, dass König Joschija sie 622 v. Chr. aus dem Tempel schaffen und zerstören ließ (2 Könige 23,6). Damit waren wohl auch die Tage der Pfeilerfiguren in den Privathäusern gezählt. Durch die assyrisch-aramäische Besetzung war ohnehin eine andere Form der Göttin stärker in den Vordergrund getreten: die Himmelskönigin (Keel/Schroer 2004: Nr. 180-186
Keel/Schroer 2004:
Nr. 180
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Nr. 182
Nr. 183
Nr. 184
Nr. 185
Nr. 186
). Gott, dein Vater, er möge dir helfen, El Schaddai, er möge dich segnen, mit Segen des Himmels von droben, mit Segen tief lagernder Urflut, mit Segen von Brust und Schoß. Genesis 49,25. Selig die Frau, deren Leib dich getragen und deren Brust dich genährt hat! Lukas 11,27.

Parallelen:

Keel/Schroer 2004: Nr. 161.

Bibliographie:

Holland 1977; Gilbert-Peretz et al. 1996; Kletter 1996; Keel/Schroer 2004: 188f, Nr. 162; Keel et al. 2007: 57, Nr. 37b.

DatensatzID:

855

Permanenter Link:

  http://www.bible-orient-museum.ch/bodo/details.php?bomid=855